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Als 1697 in Lingen die Hohe Schule gegründet wurde, entstand innerhalb der Stadt eine neue Bevölkerungsgruppe: Studenten. Die Studenten verfügten über ein quasiständisches, am Adel orientiertes Selbstbewusstsein und legten entsprechenden Wert auf ihre Freiheiten. Oftmals kamen sie von außerhalb, befanden sich damit jenseits der elterlichen Aufsicht und waren bestenfalls oberflächlich in die Lingener Gesellschaft integriert. Und sie befanden sich in einem Alter, in dem sie ohnehin dazu neigten, ihre Affekte offen auszuleben und sich von der Erwachsenengesellschaft abzugrenzen. Entsprechend kam es immer wieder zu Zwischenfällen. Das reichte von Schülerstreichen wie dem unzeitgemäßen Leuten der Glocke bis hin zu kleineren Delikten. Und die fanden in der Regel nachts und unter Alkoholeinfluss statt.
Mit einem dieser Delikte beschäftigte sich der Magistrat am 26. November 1761. Einige Bürger hatten sich beschwert, dass ihnen in der vergangenen Nacht die Fenster eingeschlagen worden seien, und berichteten von einer Gruppe von Leuten, die mit Musik durch die Straßen gezogen seien. Da dergleichen Mutwillen und Frevel in letzter Zeit zugenommen hätten, beschloss der Magistrat eine Untersuchung und forderte den Stadtmusicus Georg Körner auf das Rathaus. Unter Eid sagte Körner aus, er sei etwa um neun Uhr von den Studenten van Rossum und Clivorn in Callmeyers Haus gerufen worden, wo sie mit den Studenten Gillmann und Strubberg „ein Glaß Wein“ getrunken hätten. Bald stießen auch zwei fremde Studenten aus Jena dazu. Ob auch Pastor Nabers Sohn dabei gewesen sei, darüber äußerte sich der Musicus nur sehr vorsichtig. Jedenfalls sei man etwa zwischen zwölf und ein Uhr mit Musik hinaus auf die Straße gegangen. Nun gesellten sich auch die Studenten Haccius und Flagink dazu. Der Musicus Körner bestätigte, dass die Gruppe tatsächlich für das Einschlagen der Fenster verantwortlich war. Nur wer genau welche Fenster eingeschlagen habe, könne er nicht sagen, weil es finster gewesen sei und er als Musicus natürlich vorauszugehen pflege. Erst auf Nachfrage räumte Körner ein, dass er nicht der einzige beteiligte Musiker gewesen war. Sein Sohn hat auch aufgespielt, und einer der Studenten hätte den Bass geschlagen. Und damit bestand die Gruppe – da unklar blieb, ob der Sohn des Pastors nun dabei war oder nicht – immerhin aus zehn bis elf Personen.
Derartige Vorfälle traten immer wieder auf. 1774 wurde festgestellt, dass in den letzten zwei Jahren Fenster im Wert von 4000 Gulden zu Bruch gegangen seien. Die ärmeren Bürger seien inzwischen dazu übergegangen, ihre Fenster mit Holz zu vernageln. Einen breiteren Einblick in das studentische Treiben des 18. Jahrhunderts gibt die 1765 verschärfte Studentenordnung. Dort heißt es: „Wer, sei er betrunken oder nüchtern, bei Nacht oder am Tage auf den Straßen oder Plätzen und vom Fenster heraus lärmt, indem er Gesang erschallen läßt, (…) wer den gezückten Degen schwingt und damit auf den Plätzen herumläuft, oder wer (…) eine Bombe, auch einen kleineren Sprengkörper (…) zur Entzündung bringt, oder wer dort, wo gewöhnliche Leute vorbeigehen, Wurfgeschosse schleudert, wer mutwillig Feuerbrände durch die Luft wirft, (…) oder wer in Schauspielertracht oder maskiert an die Öffentlichkeit kommt, (…), wer mit einer Trompete oder mit Pauken oder anderen Musikinstrumenten (…) umherschweift, oder ohne jede Erlaubnis nächtliche Umzüge anführt oder an ihnen teilnimmt, oder wer in Schänken und Weinlokalen oder auch in Speisehäusern schlemmt und prasst oder Verbotenes treibt, wer nutzlos mit Karten- oder Würfelspielen seine Zeit vergeudet oder wer völlig betrunken und schwankend auf den Plätzen umherirrt, wer sich Verbindungen anschließt oder sie begünstigt, (…) oder die jungen Semester aufhetzt und sie verführt, die Vorlesungen zu schwänzen, wer Trinkgelage veranstaltet oder wer in Häuser, in denen Hochzeiten gefeiert, Gastmähler oder Tanzfestlichkeiten veranstaltet werden, eindringt, ohne dort eingeladen zu sein (…), der soll je nach Art des Vergehens (…) mit Karzer bestraft werden.“
Die Hohe Schule konnte Studenten nicht nur in den Karzer sperren, sondern auch andere Strafen verhängen, etwa einen Verweis aussprechen, eine Geldbuße verhängen, Stipendien entziehen oder von der Schule weisen. Letztlich aber konnte man sich kaum erlauben, die Studenten übermäßig zu vergraulen. Allzu sehr war die Hohe Schule abhängig von ihrem Besuch. Wer in der Stadt wirtschaftlich auf die Studenten angewiesen war, erstattete freilich auch ungern Anzeige. Und so blieben viele Vergehen unaufgeklärt.
Quellen und Literatur