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Clara Elisabeth Eylert wurde am 5. November 1879 in Altona geboren. Ihr Vater war Astronom und Assistent an der Deutschen Sternwarte in Hamburg. Mit 20 Jahren bestand sie die Prüfung für Lehrerinnen an Volks-, Mittleren und Höheren Mädchenschulen. Danach fand sie eine befristete Anstellung an der katholischen Höheren Knabenschule Hamburg. Aus dieser Position heraus bewarb sie sich 1908 als Schulvorsteherin oder einfache Lehrerin an der neu zu gründenden Höheren Töchterschule in Lingen. Die 29-jährige Clara konnte gute Zeugnisse vorlegen. Sie bekam die Stelle der Vorsteherin. Am 1. April 1909 wurde sie vom Bürgermeister vereidigt. Da sie katholisch war und die Stellen paritätisch besetzt werden sollten, wählte man als Lehrerinnen Helene Schliemann und Emmy Grave – beide evangelisch. Für Lehrerinnen galt das Zölibat. Sollte eine von ihnen heiraten, hatte sie die Schule bis Ende des Schuljahres zu verlassen.
Am 21. April 1909 bezog die neue Schule das Gebäude der zuvor geschlossenen evangelischen Töchterschule an der Hafenstraße, und Clara Eylert richtete sich dort eine Wohnung ein. Die Verhältnisse waren allerdings sehr beengt. Eylert warb um ein neues Schulgebäude und hatte schließlich Erfolg. 1916 wechselte die Schule zum Pferdemarkt. 1918 wurden dort allerdings Soldaten untergebracht, erst im nächsten Jahr konnte die Schule wieder zurückkehren, musste sich das Gebäude aber mit anderen Schulen teilen. Zudem war das Schulhaus – mitten im Krieg auf schwierigem Gelände errichtet – in einem äußerst schlechten Zustand. Eylert schrieb 1923: „Mancher Pferdestall ist besser als das Schulhaus am Pferdemarkt.“ Was Eylert zunächst „eine Unmöglichkeit“ nannte, geschah 1933 dennoch: Die Castellschule bezog das Gebäude am Pferdemarkt, und die Töchterschule kehrte in die Hafenstraße zurück.
In Briefen an den NSDAP-Bürgermeister Plesse verzichtete Eylert konsequent auf den Hitlergruß. Allerdings hatte sie auch schon vor 1933 gegenüber dem Bürgermeister auf schriftliche Grußformeln weitestgehend verzichtet. Als sie am 1. April 1934 ihr 25-jähriges Dienstjubiläum beging, äußerte sich Plesse durchaus anerkennend: „Sie haben die städtische Lehranstalt seit ihrer Errichtung geführt und durch Ihre unermüdliche und tüchtige Arbeitskraft und Fähigkeiten die günstige Entwicklung gefördert und ihr das berechtigte Ansehen verschafft. (…) Möge es Ihnen vergönnt sein, noch lange in Ihrem Berufe bei bestem Wohlergehen wirken zu können.“
Ende 1934 kam es zu einem Zwischenfall. Am 18. November äußerten sich zwei Schülerinnen gegenüber einem Gefreiten, ihre Lehrerin habe ihnen unter Androhung eines Schulverweises verboten, mit Soldaten zu gehen. Sie habe wörtlich gesagt: „Es muß euch doch zu gewöhnlich sein, die Lore eines Soldaten zu sein.“ Der Gefreite meldete das dem Standortältesten Major Lütkenhaus, der sich an den Bürgermeister wandte, der wiederum Clara Eylert zur Rede stellte. Die war bereits durch Gerüchte vorgewarnt. Eylert erklärte, dass sich zwischen den Soldaten und den älteren Schülerinnen „ein durchaus anstößiges Poussieren und Kokettieren“ entwickelt habe. Nach Aussage der Mädchen seien die Soldaten sehr zudringlich und folgten den Mädchen auch dann, wenn sie keine Antwort erhielten, bis zu ihren oft weit entfernten Wohnungen. Dabei seien es 14- bis kaum 16-jährigen Mädchen. Selbst Kinder würden die Soldaten ansprechen. Zu einer Quintanerin habe ein Soldat gesagt: „Du bist leider noch zu jung“. Eine Mutter habe Eylert dringend gebeten einzuschreiten. Sie habe ihre Schülerinnen deshalb gewarnt und an die „Würde des deutschen Mädchens“ appelliert. „Die Soldaten seien eine Zeitlang hier und zögen wieder fort. Und zum Abschied heiße es dann ‚Grüß mir die Lore noch einmal‘. Wer will da die Lore sein! Auf solche Weise könne man sein Lebensglück nicht bauen.“ Clara Eylert verwahrte sich jedoch davor, das Ansehen der Reichswehr herabgewürdigt zu haben. „Ich stelle ausdrücklich fest, daß ich den Satz ‚Es muß euch doch zu gewöhnlich sein, die Lore eines Soldaten zu sein‘ weder wörtlich noch dem Sinne nach gebraucht habe.“ Am 15. Dezember kamen vier Schülerinnen voller Aufregung in Eylerts Arbeitszimmer. In der Hafenstraße habe ihnen ein Soldat zugerufen: „Ist Eure Hauptlehrerin schon eingeboxt?“ Auf Nachfrage habe der Soldat erklärt: „Es ist ein Strafantrag eingereicht und eure Hauptlehrerin wird wohl in nächster Zeit abgeholt werden.“ Soweit kam es nicht. Am 28. Dezember erklärte sich Major Lütkenhaus mit der Erklärung Eylerts zufrieden, und damit war die Sache erledigt.
Mit der von den Nationalsozialisten geplanten Einführung der Gemeinschaftsschule bekam Eylert erneut Schwierigkeiten. Nachdem Bischof Berning die Gemeinschaftsschule abgelehnt hatte, führte der NS-Lehrerbund im April 1937 eine Abstimmung unter den Lehrern durch. Mit Autos fuhr man die einzelnen Schulen an, wo sich das Lehrpersonal dann innerhalb einer halben Stunde entscheiden musste. Eylert stimmte gegen die Gemeinschaftsschule und für die Beibehaltung der konfessionellen Schule. Die Namen der Ablehner wurden in der Gestapo-Kartei registriert. Laut Eylerts Eintrag sei sie eine fanatische Zentrumsanhängerin, die niemals NSDAP-Verantstaltungen besuche und keine Gewähr für eine nationalsozialistische Erziehung der Kinder biete. Wenig später erhielt Eylert einen Brief. Sie sei zum 1. Oktober in den Schulverband Osterbrock versetzt – „aus dienstlichen Gründen“, wie es hieß. Ihre Nachfolgerin wurde die überzeugte Nationalsozialistin Erna Sengstacke. Clara Eylert trat die Stelle in Osterbrock nicht an. Sie ging auf eigenen Antrag mit 57 Jahren in den Ruhestand und zog zurück nach Altona. Sie starb am 26. April 1954 in Telgte.
Quellen und Literatur