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Archivalie – April 2024

Archivalie des Monats April 2024

Die 1921 eingeweihte Marienkirche in Biene.

Eine Erwähnung Bienes in einem Einkünfteverzeichnis des Klosters Corvey aus dem 11. Jahrhundert ist zweifelhaft. Die erste sichere Erwähnung fällt in das Jahr 1275, als der Graf von Tecklenburg an Otto Korf das Eigentum an einem Erbhof in Biene („Biden“) übertrug, mit dem Korf bisher lediglich belehnt gewesen war. Nur ein Jahr später verkaufte Korf das Erbe in Biene für 23 Mark weiter an das Kloster Börstel. 1285 gingen die Vogteirechte über zwei Höfe in Biene vom Bentheimer Grafen auf das Kloster Wietmarschen über. Die „Beschrivinge“ der Niedergrafschaft Lingen (1555-1592) nennt für die Bauerschaft Biene neun Vollerben, drei Halberben und zwei Brinksitzer.

Laut einer Landesbeschreibung von 1549 gab es in der Bauerschaft außerdem einen zur Schweinemast genutzten Busch, gelegen an der Ems und umgeben von einem Graben. Bezeichnet wurde er als Sunderholt, Biener Sundern oder Biener Busch. Im 18. Jahrhundert war er mitsamt zugehöriger Windmühle an einen Kolon verpachtet. Später von der Familie Neerschulte betrieben, wurde die Windmühle 1880 nach Dohren verkauft. 1988 wurde der Biener Busch zum Naturschutzgebiet erklärt. Der Biener Sand hingegen war ein als Schafsweide übernutztes und durch Wehsande unfruchtbar gewordenes Gebiet, das die Regierung den Biener Bauern Mitte des 19. Jahrhunderts abkaufte, um hier Tannen anzupflanzen. Heute ist das Gebiet mit dem Speicherbecken Geeste überbaut.

Zwischen Biene und Geeste verlief die Grenze zwischen der Grafschaft Lingen und dem münsterischen Amt Meppen. Eine Grenzprozession (Schnatgang, Heiligentracht), bei der sich die Lingener und Meppener unter Mitnahme ihrer Heiligenstatuen gegenseitig des Grenzverlaufs versicherten, lässt sich noch an Mariä Himmelfahrt 1549 nachweisen. Die Grenze verlief vom – deshalb so benannten – Heiligen Berg bei Biene über einen Grenzpfahl im Ochsenbruch und einem Pfahl auf der Bramhaar bis nach Bawinkel. Immer wieder kam es zu Grenzkonflikten. So versuchten etwa die Biener 1772, auf Geester Gebiet Plaggen zu stechen, die Geester griffen nach erfolglosen Beschwerden zur Selbsthilfe, und in der Folge kam es am 5. Juni 1783 zu einem offenen Kampf zwischen mehreren Dutzend Männern, den die Biener verloren.

Ein Schützenverein lässt sich erstmals für das Jahr 1701 nachweisen. Schützenkönige aus Geeste (1749, 1755) und Dalum (1800) belegen Verbindungen zu den Nachbargemeinden. Am 29. März 1808 breitete sich ein Feuer in Biene aus, dessen Jahrestag mangels einer eigenen Kirche alljährlich in der Bonifatiuskirche begangen wurde.

Die Kinder besuchten von Alters her die Schule in Holthausen. 1798 forderten die Biener eine eigene Schule, die sie – um sicher zu gehen, dass auch wirklich ein katholischer Lehrer eingestellt würde – letztlich aber selbst finanzierten. In französischer Zeit kam der Schulbetrieb zum erliegen. 1818 wurden Biene und Holthausen zu einem gemeinsamen Schulbezirk zusammengeschlossen. 1891 wurde ein neues Schulhaus gebaut, das bald um einen Glockenturm ergänzt wurde. Die reformierten Biener – 1816 waren es 21 – schickten ihre Kinder ebenfalls auf die katholische Schule, bis sie 1871 eine eigene erhielten, die mangels Schülern aber 1936 wieder geschlossen wurde.

Der einzige Betrieb war lange Zeit die 1788 gegründete Kornbranntbrennerei Roth, die eine Dampfmühle in Betrieb hatte. Zur Gastwirtschaft Keuterjans (Mehs) gesellte sich 1876 die Gaststätte Brümmer. Unter Beteiligung von Holthausen, Geeste und Altenlingen, später auch von Wachendorf und Dalum entstand 1894 eine Molkereigenossenschaft. Lebensmittelgeschäfte wurden gegründet von Markus (um 1896) und Schütte (1907). 1931 gründete sich der Sportverein DJK Biene, der sich 1958 mit Holthausen zum SV Holthausen-Biene vereinigte. Die Einwohnerschaft wuchs unterdessen allmählich von 364 (1816) auf 587 (1870) und schließlich 609 (1939).

Auf einem Grundstück des Bauern Schulte begann man im Mai 1921 mit dem Bau einer eigenen Kirche, zu deren Pfarrbezirk auch Holthausen gehören sollte. Obwohl die Bauarbeiten zwischenzeitlich inflationsbedingt gefährdet waren, konnte die Marienkirche im Dezember 1922 schließlich eingeweiht werden. Im August 1924 konnte auch das Pastoratsgebäude vom neuen Priester bezogen werden.

Das Jahr 1933 begrüßte die evangelische Schulchronik als „das Jahr des Aufbruchs der Nation“. Die Feierlichkeiten zum 1. Mai 1933 – organisiert von der auch für Biene, Altenlingen und Schwartenpohl zuständigen NSDAP-Ortsgruppe Holthausen-Wachendorf – fanden im Biener Busch statt. 1934 wurde der Landwirt Gerhard Rosken von NS-Landrat Kerp zum Bürgermeister ernannt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden 42 Männer aus Biene zum Kriegsdienst eingezogen. Bald trafen aus Polen, Russland und der Ukraine die ersten Kriegsgefangenen ein, und die Scheune des Bauern Roth wurde als Gefangenenlager eingerichtet. Im November 1944 wurden die Schulräume mit rund 200 niederländischen Zwangsarbeitern belegt. Nach einer ersten Bombardierung im Juni 1940 starben am 16. November 1942 drei Menschen durch Bombenabwürfe. Am 11. November 1944 wurde durch Bomben ein Kind getötet, am 21. März 1945 gab es drei weitere Opfer. Bei der Einnahme der Region durch britische Truppen im April 1945 blieb Biene jedoch von direkten Kampfhandlungen verschont.

Der Zuzug von Flüchlingen und Vertriebenen sorgte nach dem Krieg auch in Biene für einen Anstieg der Bevölkerungszahlen. Das bedeutete insbesondere eine höhere Zahl an evangelischen Einwohnern. Ihre Gottesdienste fanden zunächst in der Gastwirtschaft Brümmer statt, bis 1957 die Auferstehungskapelle eingeweiht wurde. Die ab 1954 betriebene Ölraffinerie in Holthausen sorgte für weitere Zuzüge. So hatte Biene 1959 schließlich 1040 Einwohner. 1965 schloss sich Biene mit Holthausen zu einer Samtgemeinde zusammen. Seit 1974 bildet Holthausen-Biene einen Ortsteil der Stadt Lingen.

Quellen und Literatur

  • NLA OS, Rep 980, Nr. 31157 und Nr. 33373.
  • StadtA LIN, Fotosammlung, Nr. 25626
  • StadtA LIN, Fotoserien, Nr. 405 und 451
  • StadtA LIN, Sammlung Schulchroniken, Nr. 5.
  • Adreßbuch 1938 der Stadt und des Kreises Lingen-Ems, Lingen 1938.
  • ASV Altenlingen: ASV Altenlingen 1965-1990. Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum, o.O. 1990.
  • Bruch, Rudolf vom: Die Rittersitze des Emslandens, Münster 1962.
  • Ehbrecht, Wilfried: Lingen 975-1975. Zur Genese eines Stadtprofils, Lingen (Ems) 1975.
  • Eiynck, Andreas: Siedlungsentwicklung und Kulturlandschaft. Dörfer im südlichen Emsland und angrenzenden Orten in der Grafschaft Bentheim, Lingen 2014.
  • Fickers, Manfred: Altenlingen heute, in: Kivelingszeitung 2002, S. 165-167.
  • Goldschmidt, Bernhard Anton: Geschichte der Grafschaft Lingen und ihres Kirchenwesens insbesondere, Neudruck der Ausgabe Osnabrück 1850, Osnabrück 1975.
  • Jansen, Wenzel: 375 Jahre Schützenverein St. Sebastian Altenlingen, Meppen 1986.
  • Philippi, F.: Osnabrücker Urkundenbuch, Bd. 1. Die Urkunden der Jahre 772-1200, Osnabrück 1892.
  • Ripperda, Rudi: Die Geschichte des Colonates Corde – Lucas in Altenlingen, in: Emsländische und Bentheimer Familienforschung 24 (2013), S. 203-208.
  • Schräder, Bernard: Das Dorf Wachendorf vor tausend Jahren, in: Das Bentheimer Land 93 (1979), S. 151-156.
  • Schriever, Ludwig: Geschichte des Kreises Lingen, Lingen a.d. Ems 1905/1910.
  • Taubken, Hans: Die Beschrivinge der Niedergrafschaft Lingen. Ein landesherrliches Einkünfteverzeichnis aus den Jahren 1555 bis 1592 (Quellen und Forschungen zur Lingener Geschichte 2), Bielefeld 1999.
  • Tenfelde, Walter: Zur Geschichte des Raumes Altenlingen, in: Kivelingszeitung 2002, S. 169-171.


Artikeldatum: 2. April 2024
Fotos v.o.n.u.: © Stadtarchiv Lingen, © Stadtarchiv Lingen, © Stadtarchiv Lingen, © Stadtarchiv Lingen, © Stadtarchiv Lingen