„Gemeinsam aus der Krise: Raum für Zukunft“ – Das ist das Motto des Smart-City-Modellprojekts des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sowie der Förderbank KfW. Die niedersächsischen Städte Bad Bentheim, Lingen (Ems) und Stade bündeln dabei ihre Kräfte und Ressourcen. Sie haben sich gemeinsam um eine Förderung von 17,5 Millionen Euro beworben.
„Damit sind wir die einzigen Kommunen aus Niedersachsen, die einen gemeinsamen Antrag stellen. Wir stehen vor ähnlichen Herausforderungen und möchten miteinander und voneinander lernen sowie sodann das Erlernte mit anderen teilen“, erklärt Bad Bentheims Bürgermeister Dr. Volker Pannen das gemeinsame Engagement. Alle drei Partner sind kleine bis mittelgroße Städte, die seit Jahren stark wachsen und die nach der Coronakrise noch weiter wachsen werden. „Die Lebensqualität ist in kleinen und mittleren Städten höher als in Ballungszentren, Wohnraum ist günstiger, ein attraktives Arbeitsplatz- und Freizeitangebot lockt auch verstärkt hochqualifizierte Menschen an. Die Coronakrise zeigt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den eigenen vier Wänden künftig eine größere Bedeutung haben wird; dieser Umstand wird weiteres Wachstum aus den Großstädten heraus in attraktive Klein- und Mittelstädte bringen“, fügt Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone hinzu. „Vor dem Hintergrund, im Jahr 2050 klimaneutral leben und arbeiten zu wollen, ist es eine gemeinsame Herausforderung, Infrastruktur, Gewerbeflächen und Wohnraum entsprechend zukunftsfähig zu entwickeln. Um das zu erreichen, ist die Digitalisierung Grundvoraussetzung“, macht der Bürgermeister der Hansestadt Stade, Sönke Hartlef, klar.
In einem ersten Schritt der Bewerbung hat der Niedersächsische Städtetag aus zahlreichen Interessenbekundungen neun Kommunen mit dem Ziel ausgewählt, gemeinsame Anträge zu erarbeiten, um die Chance auf Berücksichtigung durch den Fördermittelgeber – Bundesinnenministerium mit KfW – zu erhöhen. Lediglich Bad Bentheim, Lingen und Stade haben sich auf gemeinsame Inhalte und eine kooperative Vorgehensweise verständigen können und gehen gemeinsam ins weitere, nun bundesweite Rennen. „Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Unsere Fachleute leisten dabei Großartiges und haben in kürzester Zeit, in nur vier Wochen, unsere geplanten Vorhaben zu einem gemeinsamen Projektantrag gebündelt“, betonen die Bürgermeister einhellig. Titel der gemeinsamen Bewerbung: „Smarte Quartiersentwicklung in wachsenden Klein- und Mittelstädten – small.smart.beautiful“.
Um den Herausforderungen von Klimawandel und Energiewende zu begegnen, ist es erforderlich, die Quartiersebene besonders zu betrachten und dabei auf die jeweils spezifischen Verhältnisse von Neubau- und Bestandsquartieren und deren Entwicklung einzugehen. Die Erstellung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie erfolgt in den Städten jeweils im Dialog mit der Öffentlichkeit und Partnern wie den Stadtwerken, Wohnungsgenossenschaften, der Wirtschaft und Wissenschaft. Wichtig dabei: Technologieoffenheit. Die Bürgermeister machen deutlich: „Wir möchten jetzt gemeinsam starten und uns den großen Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimaschutzes stellen.“
Sollten die drei Partner zu den rund 30 bundesweit ausgewählten Kommunen gehören, haben die Bürgermeister bereits eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, um den weiteren Weg gemeinschaftlich über kommunale Grenzen hinweg zu gehen und nachhaltig voneinander zu lernen sowie anderen ein Beispiel zu geben.
Diese konkreten Vorhaben haben die drei Kommunen geplant:
Bad Bentheim:
Mit dem „Campus Hagelshoek: bilden, bewegen und bleiben.“ soll mitten in Bad Bentheim in einem smarten, nachhaltigen und energie-autarken Quartier ein für Gäste und Einheimische gleichermaßen attraktives Angebot entwickelt werden. Kern ist schon heute ein vor zehn Jahren entstandener Bade- und Ferienpark, der in den nächsten fünf Jahren intelligent um weitere Bildungs- und Sportangebote sowie neuartige Wohnformen ergänzt werden soll. Ziel des Projekts ist es, im neuen „Campus Hagelshoek“ exemplarisch innovative, digitale und damit zukunftsfähige Systeme, Energie- und Mobilitätskonzepte zu planen und zu schaffen. Im Ergebnis soll unter intensiver Beteiligung verschiedenster Akteure, vor allem aber der Bevölkerung vor Ort ein lebendiges Bildungs-, Bewegungs- und Wohnquartier entstehen.
Lingen:
In Lingen (Ems) sollen drei Quartiere smart entwickelt werden. Im Ortsteil Holthausen-Biene soll ein Mehrgenerationenquartier entstehen, das Raum für verschiedenste Nutzungsmöglichkeiten bietet. Sowohl reale als auch virtuelle Gemeinschaftsräume sollen die vorgesehene Bebauung ergänzen und eine Vernetzung im Ort sicherstellen. Mit smarten Lösungen soll ein sicheres, soziales und ökologisches Leben generationsübergreifend im Ortsteil ermöglicht werden. Für die Innenstadt gilt es mit der Schaffung von digitalen Angeboten, Lösungen für den innerstädtischen Lieferverkehr zu finden. Einen Eckpfeiler bildet die Belieferung der letzten Meile. Die Umsetzung und Realisierung eines intelligenten und klimaschonenden Logistikkonzeptes soll dabei Bestandteil sein. Im südlich gelegenen Ortsteil Bramsche soll ein innovatives, smartes Gewerbequartier entstehen. Arbeitsplätze mit Lebensqualität und nachhaltigem Charakter sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Work-Life-Balance in einem Quartier mit qualitativ und digital gestalten Einrichtungen verbinden.
Stade:
Im Projekt „Quartier Steinbeck – Nachhaltiger Tourismus und grünes Gewerbe“ sollen ein Surfpark und umliegende Gewerbeflächen durch die Einrichtung von Energieverbänden so entwickelt werden, dass das Quartier weitestgehend mit grüner vor Ort produzierter Energie (Elektrizität und Wärme) versorgt wird. Gegebenenfalls erforderliche Energieimporte sollen möglichst aus regenerativen Quellen stammen, beispielsweise in Form überschüssiger Windenergie zur Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse. Dahingegen ist im „Quartier Altstadt – Grün/Smart/Gemischt“ das Ziel, die historisch wertvolle und heterogene Innenstadt klimaneutral zu entwickeln. Wesentliche Bausteine sind intelligente Nahwärmenetze mit Kraft-Wärme-Kopplung sowie eine grüne Energieversorgung über Gasnetze.