Wenige Tage, nachdem ein antisemitischer Mob in Amsterdam Jagd auf Juden machte, wurde im südlichen Emsland an die staatlich verordnete Judenverfolgung am 9. und 10. November 1938 erinnert. Menschen wurden beraubt und in über tausend Fällen ermordet.
Während in Freren und Lengerich bereits am Vortag der Gräueltaten gedacht wurde, fand die Gedenkveranstaltung in Lingen am 86. Jahrestag der Verbrechen statt. „Diese Nacht der Gewalt und Zerstörung markierte einen grausamen Wendepunkt im Aufstieg des Nationalsozialismus und führte zu unermesslichem Leid für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Ereignisse jener Nacht waren geprägt von Brutalität, Hass und dem brennenden Wunsch, jüdisches Leben in Deutschland auszulöschen“, so Oberbürgermeister Dieter Krone am Gedenkort Jüdische Schule.
Krone wies daraufhin, dass Judenhass die ganze Gesellschaft treffe. „In diesen Zeiten dürfen wir nicht nachlassen, uns aktiv gegen jede Form von Hass und Gewalt zu stellen.“
Simon Göhler, Vorsitzender des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V., begrüßte die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aller Lebensalter. Er erinnerte daran, dass die Brandstiftungen, die Zerstörung jüdischen Eigentums und die Verschleppungen wohlhabender jüdischer Männer aus Lingen mit dem Zweck ihrer Beraubung in das KZ Buchenwald unter Duldung der breiten Bevölkerung stattfanden.
Göhler schlug vor, „dass der Deutsche Bundestag in Abstimmung mit den Bundesländern den 9. November als einen „stillen Gedenktag“ ausruft und ihn damit langfristig in der Gesellschaft verankert.“ Nur eine Gesellschaft, die sich erinnere, sei auch zu einem aktiven Gedenken fähig, begründete Göhler seinen Vorschlag.
Schülerinnen von 8. Klassen der Friedensschule Lingen, setzten sich trotz des Samstagsabends, sensibilisiert durch Besuche in der Jüdischen Schule, mit dem staatlichen Antisemitismus der Nazis auseinander. Wie der Naziterror sich auf einzelne Menschen auswirkte, zeigten die Schülerinnen am Beispiel des Ehepaares Emma und Jakob Wolff, des letzten Vorstehers der Lingener Synagogengemeinde auf. Jakob Wolff konnte nach seinem Tod 1941 nur heimlich auf dem Jüdischen Friedhof begraben werden, Emma Wolff wurde im KZ ermordet.
Einfühlsam begleiteten die Cellistinnen Viola Venschott und Hilke Hebbelmann das Gedenken musikalisch.