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Archivalie – August 2019

Der Dortmund-Ems-Kanal

Bauarbeiten am Dortmund-Ems-Kanal mit Muskelkraft…

Wegen der Versandung der Ems war die Schiffahrt bei niedrigem Wasserstand insbesondere zwischen Lingen und Meppen anfangs kaum möglich. Pläne zum Ausbau der Ems bestanden schon seit Ende des 18. Jahrhunderts. Doch erst der Emsbauvertrag zwischen Preußen und Hannover gab 1820 den entscheidenden Anstoß.

Zur Regulierung der Ems ließ Hannover nun bei Gleesen, Listrup und Hanekenfähr Schleusen errichten. Die Arbeiten in Hanekenfähr begannen 1823 und dauerten zwei Jahre. Zwischen Hanekenfähr und Meppen verhinderten die niedrigen Ufer eine Stauung der Ems. Deshalb wurde auf diesem Abschnitt bis 1828/29 östlich der Ems ein 26 Kilometer langer Seitenkanal ausgehoben, der Ems-Hase-Kanal, auch Emskanal oder Hanekenkanal genannt. Da Lingen in unmittelbarer Nähe zum Kanal lag und man an dem zu erwartenden Aufschwung des Emshandels teilhaben wollte, wurde in Lingen nun ein Hafen angelegt.

Doch der wirtschaftliche Erfolg blieb aus. Gerade einmal 40 bis 50 Schiffe passierten pro Jahr die Ems. Die Eisenbahn war inzwischen das weitaus interessantere Verkehrsmittel. Mit dem Anschluss Lingens an die Eisenbahn 1856 ging der Kanalverkehr noch einmal zurück.

Deshalb setzte sich die Stadt insbesondere für den Bau eines neuen Kanals ein, der die Ems bei Hanekenfähr mit der Vechte in Nordhorn verbinden und so den Anschluss an das niederländische Kanalnetz sicherstellen sollte. Die ersten Arbeiten wurden 1871 im Deutsch-Französischen Krieg von französischen Kriegsgefangenen durchgeführt. 1877 wurde der Ems-Vechte-Kanal schließlich in Betrieb genommen. Der erhoffte Aufschwung blieb jedoch wieder einmal aus.

Von 1892 bis 1899 wurde schließlich als erster der großen Binnenschiffahrtskanäle der Dortmund-Ems-Kanal gebaut. Er sollte das Ruhrgebiet mit der Nordsee verbinden. Teilweise waren auf den Baustellen über 4000 Beschäftigte im Einsatz, darunter viele Niederländer, Italiener und Polen.

Zwischen Hanekenfähr und Meppen wurde kein neuer Kanal gestochen, sondern lediglich der Ems-Hase-Kanal vergrößert und in den Dortmund-Ems-Kanal integriert. Südlich von Hanekenfähr nutzt der Kanal das nunmehr regulierte Bett der Ems, bis er sich nach etwa zwei Kilometern wieder von ihr trennt.

Da in Hanekenfähr die Mündungsschleuse des alten Ems-Hase-Kanals zu schmal war, musste in geringer Entfernung eine neue Schleuse gebaut werden. So erklärt sich, weshalb dort einige hundert Meter des Ems-Hase-Kanal nicht überbaut wurden, sondern noch heute erhalten sind.

Auch der Lingener Hafen veränderte nun sein Erscheinungsbild. Ursprünglich war er als einfache Schiffslände in den Ems-Hase-Kanal eingebettet worden. Um ihn zu erhalten, verließ der Dortmund-Ems-Kanal hier das alte Kanalbett, um einen etwas weiter westlich gelegenen Verlauf zu nehmen. Südlich des Hafens wurde der alte Kanal später zugeschüttet und bildet heute die Darmer Hafenstraße.

Noch während der Arbeiten am Dortmund-Ems-Kanal schloss der Lingener Unternehmer Wilhelm Schmidt 1898 einen Vertrag über die Anlage eines zweiten Hafens weiter nördlich. Schmidt besaß eine Holzsägerei und war nicht nur am Bau des Kanals, sondern später auch an der Errichtung der Kleinbahn beteiligt. Entsprechend wurden Kleinbahngleise auch zum Neuen Hafen gelegt.

Bei den Bauarbeiten kam es 1893 zu einem Unfall. Der Düker, der den Mühlenbach durch den Kanal führte, stürzte ein und verursachte großflächige Überflutungen. Der Ausbau des Ems-Hase-Kanals zum Dortmund-Ems-Kanal hatte nicht zuletzt auch ökologische Folgen. Das Kanalbett wurde für vier Monate trockengelegt, was die Fischbestände auf dieser Strecke komplett vernichtete. In diese Zeit fiel auch der Fang des letzten Störs in Lingen.

Am 11. August 1899, vor gut 120 Jahren also, wurde der Dortmund-Ems-Kanal eröffnet. Die Einweihungsfeier fand in Dortmund statt. Anwesend war nicht nur Kaiser Wilhelm II., sondern – wegen seiner Beteiligung an den Bauarbeiten – auch der Unternehmer Wilhelm Schmidt, der extra eine telegraphische Einladung nach Dortmund erhalten hatte. Das Lingensche Wochenblatt ging auf die Feierlichkeiten ausführlich ein, nannte die Eröffnung „für die Emshäfen ein Ereignis von weittragender Bedeutung“ und äußerte die Erwartung, „daß nunmehr auch für sie die Morgenröthe einer bessern Zukunft anbrechen wird“.

Tatsächlich wurden die Pünten auf dem neuen Kanal nun größer und ließen sich bald auch nicht mehr treideln, sondern von Dampfern schleppen. Allzu hohe Hoffnungen blieben jedoch auch diesmal unerfüllt. Zwar berichtete die Stadt Lingen 1918 auf Nachfrage, dass der Dortmund-Ems-Kanal tatsächlich zu einer gewissen Belebung des Handels geführt habe. Von einem Aufblühen der Stadt wollte man dann aber doch nicht sprechen.

Quellen und Literatur

  • Stadtarchiv Lingen, Altes Archiv, Nr. 3546.
  • Stadtarchiv Lingen, Fotosammlung, Nr. 1710, Nr. 1713.
  • Stadtarchiv Lingen, Lingensches Wochenblatt vom 9. und 13. August 1899.
  • Eckey, Elisabeth: Die wirtschaftliche Erschließung Lingens durch Anschluß an das moderne Verkehrssystem im späten 19. Jahrhundert, Lingen 1988.
  • Eiynck, Andreas: Unterwegs in Hanekenfähr, Lingen 1992.
  • Fickers, Manfred: Enttäuschte Erwartungen. Die Eisenbahn und die wirtschaftliche Entwicklung im südlichen Emsland von 1804 bis 1880, in: Emsländische Geschichte 19 (2012), S. 63-216.
  • Frank, Werner e.a.: Der Landkreis Emsland. Geographie, Geschichte, Gegenwart. Eine Kreisbeschreibung, Meppen 2002.
  • Veltmann, Claus: Hundert Jahre Dortmund-Ems-Kanal, in: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes 45 (1999), S. 9-14.


Fotos v.o.n.u.: Stadtarchiv, Stadtarchiv