Bereits 1227 gab es Überlegungen, die Siedlung Lingen zu einer Stadt mit eigenem Münzrecht auszubauen. Dazu kam es aber nicht. Zwar besaß Lingen spätestens im Jahre 1300 das Recht, Märkte abzuhalten, doch auch die 1401 bestätigten städtischen Freiheiten beinhalteten nicht das ausdrückliche Recht, eigene Münzen zu prägen. Stattdessen zahlte man im mittelalterlichen Lingen üblicherweise mit Münsterischen und Osnabrücker Pfennigen (1 Mark = 12 Schillinge = 144 Pfennige). Schon ein südlich von Lingen und ein in Gleesen gefundener Münzschatz aus dem frühen 13. Jahrhundert zeigen dieses Bild.
1547 von Maximilian von Büren erobert, fiel die Stadt 1551 an Kaiser Karl V. und wurde fortan von den Niederlanden aus regiert. Damit kam niederländisches Geld in Umlauf, das bis zum Fall an das Königreich Hannover 1815 wichtigstes Zahlungsmittel blieb. Doch nicht überall setzte sich der holländische Gulden sofort durch. So rechnete die Lingener Stadtkämmerei noch 1567 in Mark, Schilling und Pfennig. Und die „Beschrivinge“ der Niedergrafschaft Lingen zeigt, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch noch mit ganz anderen Münzen gerechnet wurde. Da gab es Goldgulden, Riddergulden, Kaisergulden, Philippsgulden, Horngulden, Postulatsgulden, Carolusgulden, Mark, Taler, Schilling, brabantische Stüber – und auch Lingensche Stüber („stuver Linges“). Folgt man den Lingener Domänenamtsrechnungen von 1559, so galt: 1 Lingensche Mark = 12 Lingensche Schillinge = 144 Lingensche Pfennige. Für 32 Lingensche Schillinge bekam man demnach einen Goldgulden, für 30 einen Taler, für 27 einen Philippsgulden, für 24 einen Riddergulden, für 20 einen Postulatsgulden und für 12 einen Hornsgulden. Die Lingener Schützen hingegen wurden 1549/50 von der Stadt mit einem Schnapphahn (4 Schillinge) beehrt.
Der 1566 reichsweit eingeführte Reichstaler bildete im 17. Jahrhundert minderwertige Varianten aus, sogenannte Scheidetaler, deren Materialwert unter ihrem Nominalwert lag. Ende des 17. Jahrhunderts legte der Lingener Notar Petrus Kappenberg eine Umrechnungstabelle an und unterschied dabei entsprechend einen alten Taler (der wie der Postulatsgulden und der Philippsgulden 2 Gulden, 10 Stüber wert war) und einen leichten Taler (der nur 1 Gulden, 10 Stüber wert war). Außerdem unterschied er Stüber mit Datum (= 1 Stüber) und ohne Datum (= 1 Stüber 8 Pfennige). Ferner nannte er Horngulden (= 18 Stüber), Mark (= 1 Gulden, 4 Stüber), Schilling (= 2 Stüber), Goldgulden (= 3 Gulden) und Riddergulden (= 2 Gulden, 2 Stüber). Ein Schwein kostete laut Kappenberg 4 Gulden und 10 Stüber, eine Gans 8 Stüber, ein Huhn drei Stüber und fünf Eier einen Stüber. Kappenberg rechnete in holländische Gulden (1 Gulden = 28 Stüber = 448 Pfennige, ab 1679: 1 Gulden = 20 Stüber = 320 Pfennige) um, und nicht etwa in die neu aufgekommenen Silbermünzen, die ebenfalls Gulden hießen (1 Gulden = 60 Kreuzer = 240 Pfennige = 2/3 Taler). Natürlich gab es auch Falschgeld, und nicht jede Münze wurde akzeptiert. 1694 waren in der Grafschaft Lingen ungestempelte 28-Stüberstücke im Umlauf, deren Annahme mitunter auch verweigert wurde.
Mit dem Fall Lingens an Preußen 1702 wurden auch preußische Taler üblich. Die holländische Währung blieb aber die maßgebliche. Und so rechnete das Grund- und Lagerbuch von den königlichen Eigenbehörigen von 1760 nicht nur in Reichstalern, Groschen und Pfennigen, sondern auch in holländischen Gulden, Stübern und holländischen Pfennigen.
In seiner 1787 verfassten Lingener Chronik berichtet J. Chr. Gabel ausführlich über die in Lingen gültigen Umrechnungskurse. So galten etwa 15 holl. Gulden für eine Golddukate, 3 Gulden 3 Stüber für eine Silberdukate und 14 Gulden für einen goldenen Riddergulden. Unter anderem nennt Gabel noch den Reichstaler (2 ½ holl. Gulden), den Konventtaler (2 holl. Gulden, 2 Stüber), den Taler (2 holl. Gulden, 30 Stüber), den Schilling (6 Stüber), den Schiffsschilling (6 Stüber), den Stater (2 ½ Stüber), den preußischen Pfennig (1 ¼ Stüber) und den Deut (1/8 Stüber). Preußische Taler (Berlinisch Courant) galten im Lingenschen 35 bis 36 Stüber. Inzwischen selten geworden, so Gabel, seien inzwischen 8- und 14-Stüberstücke.
Im Jahr 1800 nannte die von J.G. Krünitz begründete „Ökonomisch-technologische Encyklopädie“ die Gulden, mit denen in der Grafschaft Lingen gerechnet wurde, als eigenständige Rechnungsmünze. Demnach entsprach 1 Lingenscher Gulden 20 Lingenschen Stübern und 320 Lingenschen Pfennigen. Zwar sei der Lingensche Gulden rechnerisch mit dem holländischen Gulden gleich, bei der tatsächlichen Zahlung aber habe der holländische Gulden mit 13 1/3 bis 14 guten Groschen einen höheren Kaufwert als der Lingensche mit nur 12 Groschen.
1815 fiel Lingen an das Königreich Hannover, und dort wurde 1817 der Conventions-Münzfuß als Landesmünze eingeführt. Damit galt: 1 Taler = 24 Gutegroschen = 36 Mariengroschen = 288 Pfennige. 22 Gutegroschen und 10 Pfennige waren soviel wert wie ein preußischer Taler, 13 Gutegroschen soviel wie ein holländischer Gulden. 1834 stellte Hannover auf den 14-Taler-Fuß um. Neben den eigenen Münzen waren fortan nur noch preußische Taler gestattet, die zum eigenen Taler 1:1 umgerechnet wurde. Als Mitglied im Deutschen Zollverein wechselte Hannover 1857 auf den 30-Taler-Fuß, aus 500 Gramm Feinsilber wurden nun 30 Münzen geprägt. Damit hatte der Taler nun 30 Neugroschen = 300 Pfennige.
Das Königreich Hannover ging 1866 im Krieg unter, und Lingen wurde wieder preußisch. 1871 wurde das deutsche Kaiserreich gegründet und eine einheitliche Reichswährung eingeführt: die aus 100 Pfennigen bestehende Mark. Im Ersten Weltkrieg kam in Lingen dann aber doch noch einmal ein neues Zahlungsmittel auf: Wegen des Kleingeldmangels ließ die Stadt Notgeld drucken. 1921 und 1922 gab sie weitere Notgeldscheine heraus. Mit der Einführung der Rentenmark im November 1923 wurden sie überflüssig.
Quellen und Literatur