3. März: „Strahlender Sonnenschein lag über der großen Trauerversammlung, die sich gestern auf dem Marktplatze zur Trauerkundgebung für die Toten des Weltkrieges und seines ersten Reichspräsidenten Ebert eingefunden hatte. Bürgermeister Gilles gedachte in seiner Trauerrede am geschmückten Denkmal mit herzlichen Worten der Helden des Weltkrieges und des heimgegangenen Reichspräsidenten. Das Vereinsorchester intonierte darauf das Lied: “Ich hatt einen Kameraden.“ In allen Kirchen hatten vorher Trauerkundgebungen stattgefunden von allen Türmen erscholl Trauergeläute. Am Nachmittag besuchten viele den Friedhof, um an den von den Töchterschülerinnen geschmückten Heldengräbern ein stilles Gebet zu verrichten. (…)“ (LV)
3. März: „In der gestrigen Plenarversammlung der städtischen Kollegien gedachte vor Eintritt in die Tagesordnung Bürgermeister Gilles in ehrenden Worten des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert und der am 11. Februar auf der Zeche Minister Stein verunglückten Bergleute. Die Kollegien bekundeten ihr Einverständnis zu den Beileidsbezeugungen durch Erheben von den Sitzen. (…)“ (LV)
3. März: „Plenarversammlung. (…) Automatisierung des hiesigen Fernsprechamtes (…). Hierzu hielt Herr Telegraphen-Inspektor Gelshorn einen längeren Vortrag, in welchem er auf die Vorteile der Automatisierung hinwies. Vor allem kann sich jeder Teilnehmer zu jeder Tag- und Nachtzeit die Verbindung selbst herstellen, ein Zuhören des Bedienungspersonals ist nicht mehr möglich. Es gibt schon heute im ganzen Regier.-Bezirk keine Stadt mehr, welche die Neuerung nicht beschlossen oder schon in Betrieb genommen hat. (…) Lingen wird voraussichtlich als Zentrale ausgebaut werden. Die Kosten der Kabellegung, Anschaffung der Apparate usw. belaufen sich auf ca. 150.000 k. dazu kommen dann noch die aus dem Erweiterungsbau des hiesigen Postgebäudes, welcher nicht zu umgehen ist, entstehenden Baukosten, von mindestens 80000 Mk. Die Reichspost verlangt von der Stadt einen einmaligen Zuschuß von ca. 10 % ≈ 15000 Mk. Nach Bewilligung desselben ist mit der Fertigstellung noch in diesem Jahre zu rechnen. (…)“ (LV)
3. März: „Plenarversammlung. (…) Antrag des Hüttenbetriebsverbandes “Unterweser-Ems“ auf finanzielle Beteiligung an einer zu gründenden Bauhütte Emsland. Das Unternehmen, welches durch eigene Bauausführung oder Unterbietung preisregulierend wirken will, erbat von der Stadt eine Beteiligung mit 1500 Mk. Die Stadt würde dann Genosse. (…) Die Angelegenheit wurde vertagt und eine Kommission gewählt, welche sich näher damit befassen soll. (…)“ (LV)
5. März: „Am 2. und 3. ds. Mts. weilte Herr Oberbaurat Levy von der Geschäftsführenden-Direktion für das Werkstättenwesen in Altona in unserer Stadt und besichtigte eingehend das hiesige Eisenbahn-Ausbesserungswerk. Am Dienstagmorgen fand im Direktionszimmer im Beisein des Werkdirektors und einiger Abteilungsleiter sowie der von der Stadt gewählten Vertreter eine längere Aussprache statt. Es wurde eingehend über die Werkstätte und die engen Beziehungen zur Stadt Lingen gesprochen. Die Organisation des hiesigen Werkes wurde als erstklassig anerkannt, auch die Einrichtung als durchaus modern und wirtschaftlich befunden. Von einer Schließung des Ausbesserungswerkes kann daher überhaupt keine Rede mehr sein. Es fragt sich nur, wie der Abbau, der generell von oben her verfügt worden ist, für das Lingener Werk zur Durchführung kommen soll. Um einen gewissen Abbau kommt auch Lingen nicht herum. (…)“ (LV u. LW)
10. März: „In voriger Woche fand in den Räumen der gewerblichen Berufsschule auf Veranlassung des Herrn Regierungspräsidenten die erste Konferenz dieser Art für die Lehrer an den Berufsschulen im Kreise Lingen statt. Den Vorsitz führte der Regierungs- und Gewerbeschulrat Ohlms, Osnabrück. Die Stadt war durch Bürgermeister Gilles, die Handwerkskammer durch Senator Terstiege und der Kreis durch Kreisausschußsekretär Lommerzheim vertreten. Die Konferenz beschäftigte sich mit den Kernfragen der Lehrlingsausbildung. (…) Es ist beabsichtigt, diese Konferenzen zu einer dauernden Einrichtung zu machen, um das Berufsschulwesen, das lange Zeit das Schmerzenskind vieler Gemeinden war, zu fördern und auszubauen zum Segen unserer gewerblichen Jugend und des Handwerks.“ (LV)
10. März: „Autobuslinie Werlte-Lingen. In einer in voriger Woche in Herzlake stattgehabten Versammlung an der neben zahlreichen Interessenten auch Vertreter der Oberpostdirektion Oldenburg teilnahmen, wurde beschlossen eine regelmäßig zweimal täglich verkehrende Autobuspost nach Lingen einzurichten; (…). Der Betrieb soll am 1. April beginnen. (…)“ (LV)
14. März: „Die Mittwoch nach dem Naveschen Saale vom Deutschen-Eisenbahner-Verband einberufene öffentliche Versammlung war derart gut besucht, daß viele keinen Platz finden konnten. Der Bevollmächtigte der Ortsgruppe Lingen, Kollege Kahle, schilderte die Lage der Eisenbahner Sollen die Eisenbahner nicht in helle Verzweiflung ausbrechen, so muß in ihrer wirtschaftlichen Besserstellung sofort Durchgreifendes geschehen. Von den Tarifparteien der Arbeiter sind die betreffenden §§ des Tarifvertrages vorschriftsmäßig gekündigt. Es blieb ein Monat Zeit zu Verhandlungen. (…) In der Verhandlung am 6. März, also weit über einen Monat nach erfolgter Kündigung, lehnte die Verwaltung alle Forderungen der Arbeiter ab. (…) Die durchaus minimalen Forderungen der Arbeiter beweisen, daß die Arbeiter großes Verständnis für die allgemeine wirtschaftliche Notlage haben. Das Verhalten der Reichseisenbahnverwaltung kennzeichnet jedoch den schwerindustriellen Einschlag im Verwaltungsrat und vollständige Unkenntnis, um nicht zu sagen, bewußte Verkennung der wirtschaftlichen Notlage der viel zu niedrig entlohnten Bediensteten. (…).“ (LV u. LW v. 17. März)
19. März: „Plenarversammlung. (…) Übernahme einer Garantiesumme von 3500 M. für die Autolinie: Lingen-Lengerich-Herzlake-Werlte. Die Post ist bereit, die Linie einzurichten, wenn die Gemeinden eine Garantiesumme von 10000 Mk. für 1 Jahr übernehmen. Bei der Unterverteilung auf die betreffenden Gemeinden trifft auf Lingen die Summe von 3500 Mk. In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Linie für die Stadt übernahmen die Kollegien diese Garantie für 1 Jahr.“ (LV)
24. März: „Autobuslinie Werlte-Lengerich-Lingen. Die seit geraumer Zeit geplante Autobuslinie Werlte-Lengerich-Lingen ist nunmehr von der Oberpostdirektion genehmigt worden und wird ab 15. April für den Verkehr bereitgestellt. (…)“ (LV)
28. März: „Am 29. März soll das deutsche Volk sein Staatsoberhaupt, den Reichspräsidenten wählen. (…).“ (LV u. LW v. 24. März)
31. März: „Ergebnis der Reichspräsidentenwahl am 29. März 1925. Gesamtresultat der Stadt Lingen: Wahlber. 5978, Abgegeb. 4103, Braun 769, Held 34, Hellpach 146, Jarres 927, Ludendorff 14, Marr 1889, Thälmann 309, Ungl. 13.“ (LV u. LW)
Aus dem Lingener Volksboten (LV) und dem Lingenschen Wochenblatt (LW). Die Zeitungen sind einsehbar im Stadtarchiv Lingen, Baccumer Str. 22, 49808 Lingen (Ems). www.stadtarchiv-lingen.de